Lingua e gusto, Castellina Marittima, Toskana

Aufenthalt: 8.9.-19.09.2008

 

Livello: Avanzato

 

Kosten: hoch!

 

Kurs: 356,00 € erste Woche

 

320,00 € zweite Woche

 

keine zusätzliche Einschreibgebühr, ist ja auch schon teuer genug

 

Appartment 555,00 € 1-Zimmer-Appartement

 

45,00 € Endreinigung, Bettzeug, Handtücher

 

 

 

Viele Deutsche träumen von einem Haus in der Toskana. In einem kleinen Dörfchen, auf dem Lande, aber doch nahe am Meer, inmitten von Olivenhainen und Weinbergen, aber doch mit toller Lage und Meerblick. Natürlich träumt man auch vom nötigen Kleingeld, um das Anwesen geschmackvoll zu renovieren, entsprechend auszustatten und aufwendig zu pflegen.

 

Etwas zu viel Klischee? Im Gegenteil! Es wäre für mich die treffende Charakterisierung der Schule "lingua e gusto" gewesen, die ich gerne vorab gehabt hätte. Dann hätte ich von vornherein sagen können: Das ist nicht mein Ding. So tue ich es im Nachhinein. Es war absolut nicht mein Ding.

 

 Man ist im Privathaus von Claudia Linge zu Gast. Sie und ihr Mann, der an den Wochenenden aus Deutschland einfliegt, haben sich den Traum vom Traumhaus in der Toskana verwirklicht. Der Unterricht findet in den umgewidmeten Gästezimmern oder im Freien an den vielen Sitzmöglichkeiten ums Haus und im Garten statt. Claudia Linge kümmert sich um ihre Gäste "Sprachschüler". Sie zeigt das Haus, ist für alles in Deutsch oder Italienisch ansprechbar, ruft zum Kaffe oder zu Tisch und kocht das Mittagessen für die Truppe. Alles ist pikobello, gut organisiert, pünktlich. Und wenn es mal ein Problem gibt, ist Claudia Linge unproblematisch und hilft gerne. Taffe Frau mit Jeep und Schäferhund.

 

 

 

Manch einer wird sagen: Was will man mehr im Urlaub? Ich hingegen habe mich während der 2 Wochen zunehmend gefragt: Was hat das noch mit Italien zu tun? Und am Ende der 2 Wochen stand für mich fest: Nichts mehr! Obwohl ich mich über nicht viel beklagen konnte, habe ich mich dort nicht wohlgefühlt. Es war absolut nicht meine Welt! So habe ich mich nach den beiden Wochen für die Gastfreundschaft bedankt - für nicht mehr und nicht weniger. Es fällt mir schwer, "lingua e gusto" als eine italienische Sprachschule zu betiteln. Gerade weil ich keinen Grund für Sozialneid habe, kann ich sagen: Das war italienischer Sprachunterricht bei wohlhabenden Deutschen.

 

 

 

Die Schule ist klein und wirbt zu Recht damit, dass sie max. 3 Gruppen mit je 5 Schülern hat. In meinen beiden Wochen waren wir von dieser Obergrenze weit weg. Wir waren insgesamt nur 4 bzw. 6 Schüler/innen. Erstaunlich wenig im September. Dennoch war die Kleinmaßstäblichkeit bei der Auswahl der Schule für mich ein wichtiger Aspekt. Ebenso deutlich hatte ich zum Ausdruck gebracht, dass ich keinen Einzelunterricht wünschte (= 2 x 45 min). Ich hatte mich unter der Voraussetzung angemeldet, dass eine Fortgeschrittenen-Gruppe zu Stande kommt. Das wurde mir zugesagt, 3 Fortgeschrittene hätten sich angemeldet. Dass 2 davon kurzfristig absagen, dafür kann niemand etwas. Dass man mir die Änderung aber nicht mitgeteilt hat, war dagegen nicht in Ordnung. So kam ich also leider wieder unerwartet in eine Situation, die ich vorher ausschließen wollte.

 

 

Die beiden Lehrerinnen waren typische Italienerinnen, nette und heitere Charaktere dazu. Aber der Unterricht zumindest auf dem Fortgeschrittenen Niveau war schwach. Ich konnte keine Struktur, kein Lernziel erkennen. Vielmehr war ich dauernd mit der Frage konfrontiert: Was willst Du machen? Und je nach dem, was mir einfiel, war die Stunde dann gut oder eben nicht so gut. Es erfolgt keine anfängliche Einstufung der Schüler/innen, sondern es wurde halt so organisiert, dass die vorhandene Schülerzahl mit 2 Lehrerinnen versorgt werden konnte und alle halbwegs zufrieden waren. Das waren die meisten auch. Hausaufgaben? Wozu? Man ist doch im Urlaub. Ich hatte das Problem, dass ich von 9 - 10.30 Unterricht hatte, das Mittagessen, das ja als "Konversation" zum Unterricht zählte, aber erst 12.30 oder 13.00 Uhr begann. Die 2 Stunde sollte ich entweder warten (gähn) oder zurück ins Dorf (20 min zu Fuß pro Strecke!). Das ging einfach nicht, also nahm ich an 2 Tagen noch eine zusätzliche Unterrichtsstunde. War keine gute Lösung, aber besser als nix.

 

 

 

 

In der zweiten Woche gab es wunschgemäß eine 3er Gruppe mit "Fortgeschrittenen", wovon eine Schülerin bestenfalls Mittelstufe war. Aufgrund der Fehleinstufung (oder der fehlenden Einstufung) war diejenige schnell frustriert, wollte noch nicht einmal am Lesen teilnehmen, weil sie sonst inhaltlich nicht mitkäme. Die Lehrerin fand überhaupt kein pädagogisches Mittel, hatte offensichtlich auch keinerlei Ehrgeiz, mit dieser inhomogenen Gruppe umzugehen.

 

 Eine weitere Besonderheit der Schule ist das gemeinsame Mittagessen, das als Konversation gewertet wird. Dadurch dass eine der Lehrerinnen daran teilnimmt, soll sichergestellt werden, dass auch tatsächlich italienische Konversation betrieben wird. Das ist gut gemeint, geht aber völlig an der Realität vorbei, wenn außer mir nur Anfänger am Tisch sitzen, die froh sind, wenn sie die unausweichliche Frage: Che cosa hai fatto ieri? überhaupt verstehen. Da beide Lehrerinnen auch Deutsch verstehen, teilt oder wandelt sich der Tisch sprachlich rasch. Es geht oberflächlich lustig zu. In Wahrheit ist es aber ziemlich verkrampft und ich war froh, dass es nur 2 Gänge gab, das Ende also absehbar war. So gegen 14 Uhr war der "Spaß" dann vorbei. Mich hat es nicht zum Sprechen animiert. Im Gegenteil habe ich mich bewusst zurückgehalten.

 

Untergebracht war ich dem renovierten Steinhaus La Fonte in Castellina Marittima. Ein deutsches Ehepaar hat das Haus als Geldanlage renoviert und umgebaut, die Schule belegt die geschaffenen Kleinappartements für ein Haufen Geld. Die Unterbringung wäre für italienische Verhältnisse o.k. gewesen, bei deutschen Besitzern hätte ich dagegen etwas mehr an Ausstattung erwartet. Dafür gab es einen schönen Garten und eine schön angelegte Außenanlage. Die Schule liegt 2 km außerhalb und ist auf Straße und steiler Schotterpiste in 20 min per pedes zu erreichen.

 

 

 

Der Ort selber, oder besser das Örtchen, ist völlig unspektakulär. Da hat die Toskana viel Reizvolleres zu bieten. Es liegt am Hang des ersten Höhenzuges in 370 m Höhe, 20 km vom Meer entfernt, Höhe Rosignano. Man findet alles, was man braucht, sogar die Sueddeutsche Zeitung. Die Leute sind offensichtlich auf Touristen oder generell auf Deutsche eingestellt. Mein erstes Gespräch mit Einheimischen auf der Dorfpiazza drehte sich auch just darum. Ein älterer Mann führte Klage darüber, dass alle Villen und Häuser von Schweizern oder Deutschen aufgekauft würden. Ich habe erst während der beiden Wochen realisiert, wie ausverkauft diese Ecke tatsächlich ist.

 

 

 

Zwei Ausflüge wurden in den 2 Wochen angeboten. Einmal haben wir einen familiären Kleinbetrieb besucht, der Pasta herstellt. In der anderen Woche haben wir mit einer ehemaligen Lehrerin der Schule eine Degustation von Wein und Öl organisiert (30 €/Person). Letzteres war sein Geld wirklich wert.

 

Glücklicherweise hatte ich mein Fahrrad dabei. Ich war ohne Auto mit dem Nachtzug über Firenze gekommen. Das war mein Glück und meine regelmäßige Mittagsbeschäftigung. Mehrfach bin ich ans Meer gefahren, habe aber leider keine wirklich schönen Strände gefunden. Bei Vada gibt es endlos lange, seichte Sandstrände. Nördlich davon liegen die Strände direkt vor der großen Industrieanlage von Rosignano Solvay, nicht sehr vertrauenserweckend. Landschaftlich reizvolle Fels- und Kiesstrände findet man ab Castiglioncello, die dann natürlich überwiegend bewirtschaftet sind. Mehrfach bin ich in die benachbarten Hügelketten gefahren, einmal nach Volterra hoch, ein andermal habe ich eine große Runde über Casciana Terme gedreht, landschaftlich ganz nett.

 

 

Das Wetter war die erste Woche fast unerträglich schwülwarm, dann folgte der erlösende Regen leider genau am Wochenende, wo ich eine größere Tour vorhatte. Dafür habe ich mir mit einem Mitschüler Livorno angeschaut, una citta sporca ma bella. In der zweiten Woche wechselhafteres Wetter bei erträglichen Temperaturen.

 

 

Was bleibt von diesen 2 Wochen? Da halte ich es mit meiner Schwiegermutter. "Unser Herr hat einen großen Tiergarten", pflegt sie zu sagen. Und davon habe ich ein weiteres Stückchen gesehen. Nächstes Jahr geht's wieder in den Süden, dann hoffentlich wieder im Oktober und auf jeden Fall wieder zu richtigen Italienern!

 

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